Das Automobil wurde zwar überwiegend von Männern entwickelt. Ohne zahlreiche eigenständige und resolute Frauen hätte sich diese technologische Innovation allerdings viel langsamer verbreitet. Selbstbewusste Frauen spielten von Anbeginn eine zentrale Rolle bei der Vermarktung, Weiterentwicklung und für das emanzipatorische Image des Automobils. Umgekehrt erweiterte das Auto auch die Eigenständigkeit und das Prestige jener Frauen, die sich eines leisten konnten. In ihrem Blog Miles & Styles berichtet die bekannte Truckerin und Spediteurin Janina Martig regelmäßig über die weiblichen Pioniere der Automobilwelt.
Mary Teresa Barra, USA
Mary Teresa Barra ist eine Autovisionärin der Gegenwart. Seit 2014 ist die Elektrotechnikerin Vorstandsvorsitzende von General Motors. Das Time Magazine zählt sie zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten weltweit, Forbes sieht Barra auf Platz 5 der einflussreichsten Frauen. Bevor Barra CEO wurde, leitete sie die GM-Produktentwicklung mit einem Budget von etwa 15 Mrd. $. Barry ist verantwortlich für die umstrittene Entscheidung, Opel und Vauxhall an die französische PSA-Gruppe zu verkaufen.
Antonia Terzi, Italien
Mit Antonia Terzi soll hier auch eine Autopionierin aus jüngerer Zeit genannt werden. Die Aerodynamikerin feierte mit Ferrari in der Formel 1 erste Erfolge, wechselte dann zum Team Williams und ist seit 2004 Professorin an der niederländischen TU Delft. Dort bastelt die Chef-Designerin am Superbus, einer 15 m-Limousine mit 23 Plätzen, die auf einem Superhighway mit elektrischem Antrieb 250 km/h erreichen soll. Formel 1-Technik und 750 Radarsensoren an Bord sollen das visionäre Transportkonzept auf die Straße bringen.
Clärenore Stinnes, Deutschland
Clärenore Stinnes, zwischen 1925 und 1927 mit 17 Siegen die erfolgreichste Rennfahrerin Deutschlands, unternimmt 1927 bis 1929 als erste Frau eine Weltumrundung mit dem Auto. Zusammen mit dem Fotografen Carl-Axel-Söderström fährt die Industriellentochter über den Balkan, nach Russland und China. Über Japan, Hawaii, Kalifornien und Panama gelangt sie nach Peru. Mit ihrem Adler Standard 6 überquert Stinnes die Anden und fährt durch die Pampa nach Buenos Aires und wieder zurück ins chilenische Valparaiso. Von dort per Schiff nach Vancouver, über die Autostadt Detroit nach Washington und New York. Mit dem Schiff nach Le Havre erreicht Cläirenore Stinnes nach 25 Monaten wieder Berlin.
Mary Anderson, USA und Dorothy Levitt, Großbritannien
Mary Anderson war eine amerikanische Bauunternehmerin, die 1903 den ersten Autoscheibenwischer erfand. Mit einem Hebel am Lenkrad setzte sie ein Gummiblatt auf der Windschutzscheibe in Bewegung. Mit Dorothy Levitt war es 1909 auch eine Frau, die den Rückspiegel erfand. Der britischen Rennfahrerin verhalf der Spiegel zu manchem Erfolg. Allerdings dauerte es weitere 10 Jahre, bis der Spiegel nicht als Eitelkeit, sondern als nützlich auch von der Männerwelt akzeptiert wurde. Viele solcher Details verdanken moderne Autos innovativen Frauen.
Camille du Gast, Frankreich
Camille du Gast war eine selbstbewusste Pariserin der Belle Epoque. Zwischen 1901 und 1905 nahm die vermögende Geschäftsfrau erfolgreich an zahlreichen Autorennen teil, darunter Paris-Berlin, Paris-Wien und der Brighton Speed Trial. Nachdem Frauen wegen ‚weiblicher Nervosität‘ 1904 von der französischen Regierung von Autorennen ausgeschlossen wurden, nahm sie mit einem 150 PS-Rennboot am rennen Algiers-Toulon teil. Zudem zählten, Ballonfliegen, Schießen, Reiten, Ski Kunst und Ihr Gesang zu den Leidenschaften der abenteuerlustigen Dame.
Madame Labrousse, Belgien
1899 nimmt Madame Labrousse als erste Frau an einem Autorennen teil. Auf der belgischen Strecke Brüssel-Namour-Spa erreicht die Dame mit ihrem 8 PS starken Panhard in der Dreisitzer-Klasse den 5. Platz. Wichtiger als der Rang ist allerdings, dass Frauen von Anbeginn am Rennsport beteiligt sind.
Anne d’Uzès, Frankreich
Anne d’Uzès war der erste Mensch mit Führerschein. Nachdem sich die selbstbewusste Herzogin aus der Champagner-Dynastie Veuve Clicquot einen Delahaye Typ 1 zulegte, konnte die skeptische Männerwelt der feinen Dame das Fahren nicht verbieten, also wurde eine Führerscheinprüfung erfunden. 1898 erhielt Anne d’Uzès das „Premier Certificat de Capacité féminin“ und erhielt auch das weltweit erste Strafmandat für 13 km/h im Bois de Bologne – 5 Francs. Anne d’Uzès organisierte im 1. Weltkrieg fahrende Feldlazarette, gründete später einen weiblichen Automobilclub und wurde zur Vorreiterin der automobilen Emanzipation in Frankreich. Übrigens war es mit Amalie Hoeppner auch in Deutschland eine Frau, die 1909 in Leipzig als erste einen Führerschein absolvierte.
Sophie Opel, Deutschland
Der Schlossermeister Adam Opel hat zeitlebens nur Nähmaschinen und Fahrräder gebaut, von Autos hielt er nicht viel. Es war seine Frau Sophie, die in seine Werkstatt investierte und nach seinem Tod 1895 das Unternehmen für den Automobilbau umstrukturierte. Sophie’s Söhne machen Opel als Radrennfahrer populär, nach Rennerfolgen wird Opel kaiserlicher Hoflieferant. 1928 steigt Opel mit einem Marktanteil von 44 % zum größten Automobilproduzenten des Deutschen Reiches auf, bevor das Unternehmen 1929/31 für 33,352 Milliarden US-$ an General Motors verkauft wird.
Louise Sarazin, Frankreich
Louise Sarazin unterstützt die Automobilentwickung von Gottlieb Daimler in Frankreich. Ihr Mann Edouard importiert die Daimler-Motoren und beginnt mit den Konstrukteuren René Panhard und Emile Lavassor die französische Automobilproduktion. Nach Edouards frühem Tod übernimmt Louise Sarazin 1889 den Daimler-Vertrieb in Frankreich, der zum Fundament der gesamten französischen Autoindustrie wird.
Bertha Benz, Deutschland
Die wichtigste Automobilpionierin war Bertha Benz. Sie finanzierte nicht nur wesentlich den weltweit ersten ‚Patent Motorwagen‘ ihres Mannes Carl Benz. Mit ihrer 106 Kilometer langen Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim bewies Bertha Benz 1888, dass das Automobil ein zuverlässiges Transportmittel sein kann. Dank Berthas PR-Tour konnte Carl Benz seine ersten Automobile verkaufen.